ZEBE V. 1942
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Vom Schlangenadler, Circaetus gallicus (Gm.) 1936-41. (Mit 2 Bildbeigaben) Von VIKTOR ZEBE. Nachdem seit meinem letzten Bericht über das Leben des Schlangenadlers (Ber. Ver. Schles. Ornith. 21, 1936, S. 33 ff.) sechs Beobachtungsjahre ins Land gegangen sind, während derer mir unser Giraütus an mehr denn 60 Tagen begegnete, dürfte es an der Zeit sein, über den derzeitigen Stand des schlesischen Brutvorkommens Rechenschaft zu legen, die 2Schlangenadler am schlesischen Horst fütternd (1. 8. 35). Junger Schlangenadler, flügge (25. 8. 35). phot. Zebe. phot. Zebe.damals niedergelegten Ergebnisse zu ergänzen und die Uebersicht des einschlägigen Schrifttums zu vervollständigen. Das Jahr 1936 brachte die vierte von mir beobachtete Brut des Schlangenadlers. Am 12. April, dem sehr rauhen und trüben Ostertage, traf ich erstmals einen Adler. Er kreiste über einem Kahlschlage, just an der Stelle, an der 1933 der erste von mir aufgefundene Horstbaum gestanden hatte. Auch an den folgenden Tagen trieb er dort seine vertrauten Flugspiele. Sie erinnerten sehr an das Aufschwingen und Niederstürzen des balzenden Mäusebussards und wurden von dünnklingenden, fast kläglich anzuhörenden ji-i….ö-Rufen begleitet. Obwohl sich in der Folge jeweils nur e i n Adler zeigte, gab die Regelmäßigkeit, mit der der Vogel immer wieder in dem betreffenden Revierteil verkehrte, mir doch die Gewißheit, daß er brüten würde. Allerdings stand der Horst des Vorjahres, an dem ich meine Aufnahmen gemacht hatte, derart in Auflösung, daß er bald herabzustürzen drohte. Die bekannten Ruhebäume wurden nur wenig besucht. Ich durfte daher gespannt sein, welchen neuen Brutplatz die Adler wohl wählen würden. Vielfache Streifen durch die in den Hauptflugrichtungen liegenden Waldteile verliefen zunächst ergebnislos. Am 3. Mai fand ich morgens das Männchen auf den unteren Aesten seines Schlafbaums aufgehakt, einer niedrigen Kiefer am Rande eines mittelhohen Bestandes. Offenbar saß es dort noch von der Nachtruhe her; unablässig der morgendlichen Gefiederpflege hingegeben, blieb es auf gut 200 Meter mir gegenüber noch zwei Stunden ruhig sitzen. Schließlich entschloß es sich doch zum Abstreichen. Nach langgezogenem, jaulendem Rufe verschwand es dann in einem nahen, etwa 60jährigen, wenig versprechenden Kiefernwaldstück. Von dort her hörte ich wiederholte Rufe und Gegenrufe. Dann wurde es still. Das auffallende Gebaren des im Walde verschwundenen Schlangenadlers und die Rufe aber wiesen mir den Weg zu dem neuen Horst. Eine Viertelstunde später stand ich unter ihm. Er befand sich nur etwa 900 Meter von dem des Vorjahres. In diesem fast gleichförmigen, langweiligen Kiefernbestande hätte ich ihn nicht vermutet. Hie und da waren einige stärkere Stämme mit breiterer Krone eingesprengt, und in eine dieser war der Horst eingebaut, aber ‘dermaßen gut versteckt, daß er eigentlich nur senkrecht von unten her sichtbar wurde. Er mochte etwa 18 Meter hoch stehen. Seine Ausmaße waren wiederum so gering, daß der Stoß des brütenden Vogels den Rand weit überragte. Durch das Gezweig erkannte ich eben noch den dicken Kopf des herunterspähenden Adlers. Die Vögel mauserten diesmal noch nicht. Die üblichen Federfunde begannen erst um die Mitte des Mai. Der Horstplatz inmitten des unübersichtlichen Bestandes gestattete kaum eine Ueberwachung der Ablösungen bei der Brütung. Am 10. oder 11. Juni fiel das Junge aus. Da ich den Vogel am 3. Mai fest ‘im ‘Horste sitzend angetroffen hatte, fand ich meine frühere Annahme einer reichlich 5 Wochen dauernden Brütezeit bestätigt. Sie mag etwa 37 Tage währen. Drei Tage nach dem Schlüpfen fanden meine Frau und ich, als wir am Nachmittag den Horst besuchten, zu unserer tiefen Bestürzung das 3noch sehr zarte, weißbedaunte Junge unten im Blaubeergesträuch hockend vor. Unaufhörlich bettelte es mit leisem, taktmäßig im Abstand weniger Sekunden folgenden juck-jück vor sich hin. Kurz vorher hatten wir das unter glockenhellem Rufe eine Schlange tragende Männchen den Horst anfliegen gesehen. Vermutlich war das Kleine bei der nun folgenden Fütterung dem Horstrande zu nahe gekommen und abgestürzt. Da Steigzeug zur Hand war, erkletterte ich möglichst schnell den Horstbaum, hievte den in eine Schachtel auf weiches Moos gebetteten Jungadler, der unversehrt schien, hoch und setzte ihn wieder in den Horst. Dann entfernten wir uns eilends, um die Wiederannahme des Jungen durch die Alten, die sich inzwischen nicht hatten blicken lassen, nicht zu gefährden. Am nächsten Vormittage kreisten beide, wie ich, vorsichtig anpirschend, aus der Ferne feststellte, in der Horstnähe und riefen. Eine Woche später aber war der Brutplatz ausgestorben. Ich konnte aus sdem Horst nur wenige, stark verweste Reste des Jungvogels retten. Hatte er sich beim Absturz beschädigt? War er aus Mangel an wärmender Bedeckung zu Grunde gegangen, da meine unter den obwaltenden Umständen nicht nur nicht vermeidbare, sondern notwendige Horstersteigung das Weibchen zu lange vom Hudern abgehalten hatte? Für den Rest des Sommers blieben mir die Vögel im Revier unsichtbar, doch berichtete mir Dr. K rät z ig, daß ser am 23. August ein zerzaustes Stück zugleich mit Fischadler und Bussard mehrfach an einem größeren Teiche des Brutgebiets gesehen habe. Im Jahre 1937 begegnete mir erstmalig nach seiner Rückkehr das Männchen am 9. April, kenntlich wie schon früher immer an seiner Schwanzlücke. Es kreiste über dem alten Horstbaume von 1934-35. Das Besondere dieses Frühlings waren Balzspiele beider Adler. Sie zielten sichtlich auf den oben beschriebenen Horst von 1936. Gegen Ende des April und zu Anfang des Mai war das immerwährende Kommen und Gehen beider Adler um ‘den Brutplatz fast peinlich auffallend. Unermüdlich kreisten sie, jagten sich und riefen sie. In den Aesten hingen und unterm Horstbaum lagen bereits die ersten Mauserfedern. Daher war ich in sicherer Erwartung des Brutgeschäfts. Doch fiel es mir auf, daß anscheinend am Horst nicht neu gebaut wurde. Am 9. Mai noch, zu einerZeit also, da in den beiden Vorjahren längst das Weibchen brütete, hetzten zwei Schlangenadler in wilder, flügelklatschender Jagd, erregten jo-jo …Ruffolgen, wie ich sie bisher nie gehört hatte, ausstoßend, niedrig auf wenige Meter an mir vorbei und verschwanden in Richtung des Horstes. Mit dieser aufregenden Szene aber brachen die unmittelbaren Beobachtungen des Paares plötzlich ab, und nach den Dutzenden von Begegnungen an den Tagen vorher glückte es mir auch nicht ein einziges Mal mehr, einen der Schlangenadler zu Gesicht zu bekommen. Lediglich durch Funde einer Anzahl von Mauserfedern im weiteren Horstbereich verrieten sie mir ihre Anwesenheit, und dann verlor ich auch diese Spur. Nachdem ich viele Wochen in allen nur möglichen in Betracht kommenden Beständen sehr gründlich nachsuchte, glaube ich mit Sicherheit sagen zu dürfen, daß es 1937 zu keiner Brut kam. Was zu dieser unerwarteten Wendung führte,.kann ich nur vermuten (wenn ich nicht annehmen will. 4daß ein Partner den Tod fand): offenbar schlug hier der Anpaarungsversuch des Männchens, das ich wegen der erwähnten Lücke im Stoß als meinen alten Bekannten ansprechen möchte, an ein neues Weibchen fehl, da dieses noch nicht brutreif oder brutunlustig war. Für Neuanpaarung spricht das in diesem Frühling gegen die Vorjahre lebhaftere und auffallendere Balzgebaren, während a’lteinpaarte Vögel doch wohl stiller und sozusagen selbstverständlicher und pünktlicher zum Brutgeschäft schreiten. Demnach mochte 1937 die Lage der in meinem früheren Berichte beschriebenen des Jahres 1932 ähneln. (Vgl. auch die dort wiedergegebene Beobachtung Gawrilenko’s über das unterschiedliche Verhalten während der Balz der Schlangenadler in den einzelnen Jahren). 1938. Mit der Neuansiedlung eines Wanderfalken in ‘der Nähe der alten Schlangenadlerhorste trat ein neues, für eine mögliche Wiederbrut denkbar ungünstiges Element in den Lebensraum des Circaetus. Ich ahnte das bereits, als ich im zeitigen Frühjahr die Wanderfalken ungestüm auf einen Seeadler hassen sah, der ihren Brutbezirk ansteuerte. Sie ließen mit ihren Belästigungen von dem mächtigen Burschen nicht eher ab, als bis sie ihn gehörig weit abgedrängt hatten. Seit seiner mir vom 6. April gemeldeten Ankunft konnte ich den Schlangenadler in diesem Jahre stets nur sehr flüchtig und an ganz anderen Stellen des Reviers, wo ich ihn früher nie getroffen hatte, beobachten. Die Nachsuche in immer weiteren Kreisen um den alten Brutplatz blieb völlig ergebnislos. Offensichtlich war dieser geräumt worden. Die Schuld daran möchte ich den Wanderfalken geben, wenngleich ich auch von einem unmittelbaren Angriff nichts bemerkte. Ihre Unverträglichkeit und die ganze Atmosphäre der Unruhe und des Lärmens in der Nähe ihres Horstes sind dem Phlegma des Schlangenadlers und der Heimlichkeit des Horststandes, die ihm geradezu Bedürfnis zu sein scheint, derart wesensfremd, daß mir schon aus diesem Grunde — ganz abgesehen von temperamentvollen Belästigungen seitens der Falken — ein nachbarliches Brüten beider Arten recht unwahrscheinlich ist. Und gerade in diesem Jahre löste menschliche Annäherung wegen in der Nähe vorgenommener Waldarbeiten besonders häufig das rauhe Alarmgeschrei der Wanderfalken aus. 1939 bezog der Wanderfalk zwar einen neuen Horst; der lag jedoch immer noch im alten Horstbereich des Schlangenadlers, so daß ich von vornherein nicht mit dessen Brut rechnete. Nachdem ich erstmals am 11. April einen Adler gesichtet hatte, machte ich erst wieder am 10. Mai einen Circaetus an einem mir als sehr schlangenreich bekannten Wassergraben bei der Nahrungssuche hoch. Er fußte auf dem äußersten Wipfel einer hohen Fichte und äugte von ‘diesem mit besonderer Vorliebe gewählten Ruhepunkt eine Weile auf mich herab. Seit langem genoß ich dieses mir von früher wohlvertraute Bild des dickhäuptigen Vogels an seinem bezeichnenden Sitzplatz. Als er abstrich, folgte ihm mein Glas noch lange, wie er am Teichrande im kräftigen Winde schwerfällig rüttelnd mit hängenden Fängen in der Luft stand. Die Nachforschungen nach Schlafoder Brutplatz betrieb ich in diesem Sommer aus den oben 5erwähnten Erwägungen heraus bewußt in einem Abstand von mindestens 2 Kilometern vom Horst des Wanderfalken mit dem Erfolg, daß ich bald einen neuen Schlafplatz des Schlangenadlers und eine Anzahl Mauserfedern fand. Der Schlafbaum, eine alte Kiefer, stand an einer Oertlichkeit, wie ich sie schon früher als vom Circaütus bevorzugt beschrieb: einer moorigen, von Fichten umsäumten Lichtung eines Kiefernaltholzes. Im übrigen war das ‘Ergebnis meiner sehr zahlreichen Streifen dieses Sommers, daß es sicher nicht zur Brut kam. Das letzte Mal traf ich den Adler am 12. September an einem sehr günstigen Nahningsplatz. Das Jahr 1940 brachte wiederum keinen Brutnachweis, bot ‘dafür aber Gelegenheit zu einigen schönen Beobachtungen, die mir neue Züge erschlossen. Als wir, Gerhard Herzog und ich, um 21. April im weiteren Brutbezirk einige über den ausgedehnten Wäldern kreisende Vögel mit ziemlicher Sicherheit als Schlangenadler ansprechen durften, waren sie sicher bereits eine Reihe von Tagen im Lande. Der 2. Juni, der übrigens durch einige unvergeßliche nahe Begegnungen mit dem in Schlesien als Brutvogel immerhin seltenen Aquila pomarina Br. gesegnet war, bescherte uns auch mit ‘dem Gircaetus ein einzigartiges Erlebnis. Es war seit einigen Jahren das erste Mal, daß wir uns an ihm wieder einmal so satt sehen konnten, daß uns im wahrsten Sinne des Wortes die Augen übergingen. Er kam um die Mittagsstunde offenbar von Nahrungssuche, strich niedrig in Wipfelhöhe über die Bäume und hakte auf dem höchsten dürren Zacken einer auf weiter Wiesenfläche alleinstehenden alten Eiche auf. Beim Anflug leuchtete schon unverkennbar die weiße Flügelunterseite, im Sitz wirkte das seltsam breite Haupt recht wuchtig gegen den es tragenden, fast schmächig erscheinenden Körper. Unverzüglich begann der Vogel seine Lieblingsbeschäftigung: die Gefiederpflege. Mit einer Hingebung und Gründlichkeit verlor er sich darein, wie wir keinen der vielen in den letzten Jahren beobachteten Raubvögel ähnlich sich vertiefen sahen. Dabei löste sich eine große Handschwinge und taumelte herab. Auch das unablässige Zurechtrücken der Flügel, das ich früher als eine besondere Eigentümlichkeit des im Horst stehenden Adlers beschrieben habe und das ich auf die unbequeme Körperhaltung zurückführte, fiel uns ‘diesmal wieder ‘sofort auf. Da der Vogel hier sehr bequem saß, ist meine damalige Erklärung, daß das ‘häufige Zurechtrücken der Flügel durch die unbequeme Stellung beim Stand im Horst veranlaßt sei, hinfällig. Es war .dem angestrengten Blick eine wahre Erlösung, als der Schlangenadler nach fast 40 Minuten abstrich. Er kreiste ein wenig, schraubte sich dann allmählich höher und begann dann über unseren Köpfen ein wundervolles, bisher von uns noch nie gesehenes Spiel: er rüttelte mit lang herabhängenden Fängen, mehr schwebend als flügelschlagend; der steife Wind trug ihn auch so; von Zeit zu Zeit warf er sich ihm förmlich entgegen und tanzte gleichsam auf ihm, wie — ich habe keinen anderen Vergleich — etwa eine auf kurzwellig bewegtem Wasser schwimmende Ente zwischen Wellenbergen und -tälern auf und nieder schaukelt. So pendelte er in kurz schwingenden Bogen eine Weile auf und ab. Dann ließ er sich vom Winde langsam höher und höher drücken, ‘die Bewegungen wurden ruhiger; er gewann 6an Fahrt und glitt rasch weit nach Norden. Hinten über den Wäldern wiederholte er noch einmal sein kunstvolles Wiegen im Winde und ging schließlich plötzlich in steilem Absturz nieder. Am Spätvormittag des 20. Juli glückte mir an einem größeren Teiche eine ganz ähnliche Beobachtung. Wieder rüttelte ein Schlangenadler, im scharfen Südwind förmlich am Himmel hängend, mit weit abgespreizten Fängen und ging darauf in die eigentümlichen, kurzen Schaukelbewegungen über, wie oben beschrieben, während derer er den Kopf steil abwärts und den gefächerten Stoß scharf nach vorn winkelte. Diesmal traf ich den Adler in einer Entfernung von 5 Kilometern von der Beobachtungsstelle des 2. Juni. Bei einer derartigen Weiträumigkeit des Lebensraumes ist es begreiflich, daß selbst bei eifrigster Nachsuche und genauer Ortskenntnis schon besondere Glücksumstände zusammentreffen müssen, will man mit Sicherheit den Brutnachweis führen. Die mich früher leitenden Federfunde blieben in diesem Jahre völlig aus. Eine gewisse Entschädigung bot mir in den Jahren 1939, 1940 und 1941 die regelmäßige Beobachtung eines Schreiadlerpaares, Aquila pomarina Br., in ihrem Nahrungsund Brutrevier. Da ich 1939 Gelegenheit hatte, einen mit seinem Horst bei einem Unwetter herabgestürzten Jungadler aufzuziehen und gründlich mit dieser Art vertraut zu werden, ist es mir gewiß, daß die in meiner Arbeit über den Schlangenadler als übersurnmernde Schelladler, Aquila clanga Pall., angesprochenen Vögel wenigstens z. T. sicher pomarina Br. waren. Den Hinweis auf die Schwierigkeit feldornithologischer Unterscheidung der beiden Schreiadlerarten verdanke ich Georg Hof f mann, ihrem vorzüglichen Kenner. Mir selbst fehlen die nötigen Vergleichsbeobachtungen. Unerwartet zahlreich traf ich Schlangenadler an vier Tagen zwischen dem 1. und 8. September 1940 an den Teichen der Bartschniederung. Nach kühler und trüber Witterung brachte sonniges Herbstwetter damals einen ganz großartigen Raubvogelzug in Gang, an dem Fischund Schreiadler, Mäuseund Wespenbussard, Schwarzmilan und Baumfalk reich vertreten waren. Ani 5. 9. sah ich im Verlauf von 11/2 Stunden dreimal Schlangenadler in sicher 2 verschiedenen Stücken, von denen eines durch einen schlaff herabhängenden Fuß auffiel. Am 7. 9. kreisten sogar einmal 3 Schlangenadler gleichzeitig. 1941. Nachdem bereits am 1. 5. Circaetus seine Anwesenheit durch eine verlorene Armschwinge, die Freund Herzog und ich fanden, verraten hatte, glückte es mir am 18. 5., mehrfach Schlangenadler zu Gesicht zu bekommen, erst kreisend über dem engeren Horstrevier der Jahre 1934 bis 1936, dann noch einige Male dasselbe Waldstück ansteuernd und schließlich am Nachmittag einen lange über dem Bartschfluß flugspielenden Vogel, der mitunter mit, wie üblich, hängenden Fängen im steifen Südostwind rüttelte. Eine Woche später traf ich am Nachmittage gleich zwei Vögel an, wie sie als helle Kreuze über den weiten Wiesenflächen gegen den dunklen Gewitterhimmel standen; und wiederum am 15. 6. zwei Schlangenadler am gleichen Orte. Sie schienen übrigens einander keine Beachtung zu schenken. Den einen konnte ich etwa 2 Stunden im Glase behalten, sah ihn viertelstundenlang auf einemEichenzacken, unbekümmert um den stürmischen Wind, der sein Hosengefieder arg zauste, sein Gefieder putzen, sich dann zu prächtigem Flugspiel aufschwingen, wieder mitten auf einer Kieferkrone aufhaken, sich wiederum in die wildbewegte Luft emporwerfen, flugspielen, niedergehen usf. Trotz dieser Begegnungen gaben mir weder die zahlreichen, weit ausholenden Reviergänge, noch Horstkontrollen und die Suche nach Mauserfedern den geringsten Anhalt für eine etwa stattgefundene Brut. So kann ich das Ergebnis aus den Jahren 1936-41 zusammenfassen: 1936: Brut in einem neuen Horst. Das Junge verunglückt. 1937: Auffallende Balz. Plötzliches Verschwinden der Vögel. 1938-39: Der alte Brutplatz wird gemieden, vermutlich wegen Neuansiedlung eines Wanderfalken. 1940-41: Nach Verschwinden der Wanderfalken zieht sich der Adler wieder nach seinem alten Wohnraum. 1941 werden mehrfach 2 Vögel beobachtet. Das Revier wurde jedenfalls nicht aufgegeben. Aus dem übrigen Deutschland liegen seit meiner Arbeit (1936) nur in Tischlers großer Ostpreußen-Avifauna (137) eingehendere Mitteilungen vor: danach dürfen wir mit etwa 5 sicheren Brutgebieten in ver schiedenen Teilen der Provinz rechnen. Unter den Beobachtungsdaten fällt mir auf, daß zweimal (von Engel und Steinfat t) Schlangenadler mit flüggen Jungen bereits vom 9. und 10. 8. gemeldet wurden. Demnach müßten die ostpreußischen Vögel ihr Brutgeschäft um mindestens 14 Tage früher beginnen als bei uns, wo in 3 Brutjahren das Junge zweimal am 25. 8., einmal zu Anfang September den Horst verließ. In Westdeutschland scheint während der letzten 5 Jahre der Schlangenadler nur von Demandt (117) (am 13. 4. 1940 im Sauerland) bemerkt worden zu sein. Die kritische Untersuchung Heyders (123) über ein früheres Brutvorkommen im sächsischen Erzgebirge kommt zu einem bejahenden Ergebnis. Aus den Nachbarländern sei folgendes erwähnt: S i t s (131) berichtet von 2 neuen Brutplätzen in Estland. Auch aus Frankreich liegen einige neuere Brutbeobachtungen vor (121. 122. 139). Ueber russische und asiatische Vorkommen verdanke ich der Freundlichkeit H. G r o t es folgende Notizen aus dem russischen Schrifttum: in Tadschikistan tritt der Schlangenadler sowohl zur Brut-, wie zur Zugzeit auf (124); im Kreise Barnaul, nw. vom Altai, wurde am 7. 6. 1928 ein Brutpaar am Horst, das ein Ei enthielt, erbeutet (136); leider wird über den Bebrütungszustand des Eies nichts gesagt. Schließlich liegen noch Brutdaten aus der Gegend des unteren Syr-Darja und angrenzender Gebiete vor, von ‘denen die Brut 1932 in der Kisyl-kum besonders interessiert; die Wüste wird also nicht nur auf dem Zuge berührt. Meine auf einer Notiz M e n z b i e r s fußende Angabe, daß der Schlangenadler in Südrußland überwintere, ist unzutreffend (0 rote, 120). Auf dem Frühjahrszuge traf Mauve (127) vom 21. 3. bis 15. 4. 1937 am Bosporus 77 Schlangenadler, allein 57 zwischen 21. und 25. 3. Das stimmt gut mit der Ankunft in unseren Breiten im ersten Aprildrittel überein. Auf dem Herbstzuge wurden 2 Vögel am 12. 10. 1937 bei Rossitten als seltene Erscheinungen gesichtet (126). Der Wiederfund (138) 8eines in Estland 1932 beringten Jungadlers im Sommer 1936 200 km nö. vom elterlichen Horst zeigt die Treue zur weiteren Brutheimat und gibt zugleich einen Hinweis, wie im Umkreis von 200 km und wohl auch noch darüber hinaus eine Wiederbesiedlung alter Brutplätze möglich ist, wenn nur überhaupt noch eine Erneuerungsbasis besteht. Der Zug in Italien geht nach Ar r i g o n i (116) im Frühjahr stärker über die Berge Kalabriens, im Herbst vornehmlich über die Liguriens. Bei starkem Nordwind müssen die Vögel aus der Höhe in den Schutz des Gebirges heruntersteigen und werden so eine leichte Beute des Jägers. Die Nahrung des Schlangenadlers wurde von U t t e n d ö r f er (140) erschöpfend mit Quellennachweisen behandelt, der Vorgang der Tötung der Schlangen von G. S t e i n b a c h e r (134) im Berliner Zoo beobachtet; „Er stößt auf die Schlange nieder und faßt sie mit den Fängen. Er bleibt eine Weile auf dem sich stark bewegenden Opfer stehen. Er faßt dann plötzlich zu und beißt den Kopf der Schlange ab oder in ihn hinein. Nachdem er noch mehrfach in die Schlange gebissen hat, schlingt er sie ganz hinunter.” Den Schlangen wird also doch, abweichend von der Mehrzahl meiner eigenen Wahrnehmungen, nicht selten der Kopf vor dem ‘Kröpfen abgetrennt. Auch Hainard und B l a n c h e t (122) berichten, daß am Horst kleine Schlangen ohne Kopf verfüttert wurden. Die Zerstückelung und Darreichung kleiner Futterbrocken an den Jungvogel während der ersten Wochen beobachteten sie wie ich selbst. Während in meinem Fall das Männchen selbst fütterte, heben die beiden französischen Forscher hervor, daß das Weibchen dem Gatten die zugetragene Schlange aus dem Schlund zog. Diesen Vorgang hat Hainard in einer der meisterhaften Zeichnungen festgehalten, die neben einigen Photos die eingehenden Beobachtungen eindrucksvoll ergänzen. Mouil1 a r d (128) schildert sehr anschaulich, wie ein Schlangenadler eine ihm lang aus dem Schnabel hängende Schlange im Fluge herunterschlang. Mir selbst wurde von einem Forstbeamten im schlesischen Brutgebiet eine ganz ähnliche Beobachtung mitgeteilt. Von neueren bildlichen Darstellungen des Schlangenadlers verdient das ungemein lebendige Buntbild bei Ger oudet und Robert (119) besondere Beachtung. Zwei Photos eines zahmen Circaetus veröffentlicht Dahte (118). Schließlich bilden Stresemann (135) das Gehirn, Paris (130) und Ar rigoni (116) die Fänge ab. Schrifttum. (Fortsetzung der Liste in Ber. Ver. Schles. Orn. 21, 1936, S. 82.) 116. A r r i go ni degli 0 ddi, E. Ornitologia Italiana. 1929. S. 434 ff. 117. Dem andt, C. Begegnung mit dem Schlangenadler. Natur u. Heimat (Münster), 7. Jahrg. 1940, S. 21. 118. D a t h e, Heinrich. Ein Beitrag zur Wirbeltierfauna Dalmatiens. Zool. Garten (N. F.), VII, 1934, S. 121. 2 Bilder. 119. G e r o u d e t, P. et R o b e r t, P. A. Les Rapaces. Neuchätel et Paris, 1940, S. 137 ff. u. al. 14. 120. G r ote, H. Keine Ueberwinterung des Schlangenadlers in Südrußland. 0. M. Ber. 49, 1941, S. 58. 121. Hainard, R. Percnoptere et Circaete au Saleve. Nos Oiseaux. Nr. 132, 1937, S. 30. 9122. Hai nard R. et B 1 a n c h e t, M. Observations sur, le Nidification du Circaete Jean-le-Blanc etc. Alauda, IX, S. 277-286 mit 8 Bildern. 123. He y der, R. Kritisches z. Brutvorkommen d. Schlangenadlers, Circ. gall. (Gm.), i. Erzgebirge. Mitt. Ver. Sächs. Ornith. VI, 1939, S. 72. 124. lwanow, A. J. Die .Vögel Tadschikistans. Leningrad, 1940. (Russisch.) 125. Madon, P. Les Rapaces d’Europe. Toulon, 1933. S. 154 ff. 126. Man g els, R. u. S c hüz, E. Seltene Vögel i. Gebiet d. Kur. Haffs. 0. M. Ber., 46, 1938, S. 12 ff. 127. Mau v e, L. Der Zug der Großvögel über d. Bosporus. J. I. 0. 86, 1938, S. 279. 128. M o u i 1 lard, B. Comportement d’ un Circaete Jean-le-Blanc observe dans le Puy-de-Döme. Alauda, IX, 1937, S. 121. 129. N i e t h a m m e r, G. Handbuch d. deutsch. Vogelkunde. Bd. II. Leipzig, 1938, S. 270 ff. 130. Paris, P. Faune de France. Oiseaux. 1921. S. 223, 243. 131. Sits, E. Ornith. Bericht aus Estland. 0. M. Ber. 44, 1936, S. 79. 132. Spangenb er g, E. P. u. Fei gi n, G. A. Die Vögel d. unteren SyrDarja u. d. angrenzenden Rayons. Arch. du Mus. Zool. de l’ Univers. de Moscou, III, 1936. (Russisch.) 133. St e gmann, B. Falconiformes, in Faune de l’URSS, Oiseaux. Vol. I, Lief. 5, S. 192 ff. (Russisch.) 134. Stein b a cher, G. Schlangen als Raubvogelbeute. 0. M. Ber. 45, 1937, S. 198. 135. Stresemann, E. Aves: i. Hdb. d. Zool. v. Kükenthal-Krumbach, 7. II. Berlin u. Leipzig, S. 814. 136. S u s c h k i n P. P. Birdls of Soviet Anal and adjacent Parts of NorthWestern Mongolia. I. Moskau (Leningrad, Akad. Wiss.), 1938, (Russisch). 137. Tischler, F. Die Vögel Ostpreußens. Königsberg (Pr.) u. Berlin, 1941, S. 693 ff. 138. von Transehe, N. Tätigkeitsbericht d. Lettländ. Ornith. Zentrale (1925 bis 1936), Riga, (Latv. Ornit. Zentr. izdevums), 1939, S. 108. 139. de Tristan, Marqu. Notes zur quelques ponteS recueillies en Sologne en 1936, Alauda, IX, 1937, S. 117. 140. Uttend ö r f e r, 0. Die Ernährung der deutschen Raubvögel und Eulen. Neudamm, 1939, S. 169 ff. 141. Z e b e, V. Der Schlangenadler. Naturschutz, 17. Jhrg., 1939, S. 273 ff. mit 4 Bildern. 142. d e r s. Bilder aus dem Brutleben des Schlangenadlers. Aus der Heimat, 51. Jhrg., 1938, S. 76 ff. mit 10 Bildern. 143. d e r s. Der Schlangenadler. Der Naturforscher, 13. Pfg., 1939, S. 300 ff. mit 5 Bildern. Nachzutragen: 90. R o bien, P. Die Vogelwelt Pommerns. Abhdlg. u. Berichte d. Pomm. Naturforsch. Gesellsch., IX, 1928, S. 43.

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